Bilder: Angelika Litzkendorf
Texte: Patrik Scherrer und Angelika Litzkendorf
Unser Glaube braucht für seine Lebendigkeit immer wieder die herausfordernde Auseinandersetzung mit dem Geheimnis des Glaubens. Dafür gibt es die verschiedensten Möglichkeiten. Eine davon ist die Begegnung mit ungewohnten Bildern. Bildern, die bestehende Sichtweisen in Frage stellen, bestätigen und hoffentlich auch erneuern und bereichern.
So orientieren sich die Arbeiten von Angelika Litzkendorf für die meisten wohl an Altbekanntem, bringen dieses aber in ganz neuer Gestalt zum Leuchten. Aus ihrer Auseinandersetzung mit den gleichbleibenden und damit wiederkehrenden Texten des Gottesdienstes sind Impressionen entstanden, die in der symbolischen Sprache der darstellenden Kunst die kraftvolle Tiefe dieser liturgischen Worte wiedergeben.
Obwohl sie keine Illustrationen im herkömmlichen Sinn sind, erleuchten und preisen sie das Geheimnis des Glaubens, haben sie das Potential, neue Bezüge und Zugänge zu einem wichtigen Vollzug des christlichen Glaubens zu schaffen.
Da das Neue und Unerwartete gerne die Eigenschaft besitzt, abzuschrecken, werden die Bilder durch meditative Betrachtungen begleitet. Diese Übersetzungen mögen helfen, das eine oder andere zu sehen und vielleicht auch besser zu verstehen.
Wir wünschen Ihnen ein ruhiges Verweilen und stärkende Betrachtungen!
Humanus
Die Feier des Gottesdienstes unterliegt wie alle Riten einem festen Ablauf (Ordo missae). Dieser ist im sogenannten Ordinarium festgelegt, das alle feststehenden Teile der Feier im Volltext umfasst, während Eigentexte (Proprium) an anderer Stelle verzeichnet sind und stets eingefügt werden müssen.
Aus dem Ordinarium haben für die liturgisch-kirchenmusikalische Praxis die fünf feststehenden Teile Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus (mit Benedictus) und Agnus Dei eine besondere Bedeutung erlangt.
KYRIE
Herr, erbarme dich.
Christus erbarme dich.
Herr, erbarme dich.
Menschen in der dunklen Nacht ihrer Schuld
unter dem Kreuz zusammenstehend
der Erlösung harrend
die das Licht und das Leben wiederbringt
Über ihnen die Sonne als Symbol der Hoffnung
unter ihnen die Stufen zum Kreuz
neben ihnen ihnen die steile Leiter:
der Weg der Erlösung
führt durch den Kreuzestod
ihres Herrn
Stehend wird sein Erbarmen angerufen,
dessen Demut mit Dornen gekrönt
dessen Durst mit einem Schwamm voll Essig begegnet
dessen Einsamkeit unendlich war
In ihm liegt alle Hoffnung
die unüberwindbaren Grenzen der Schuld nieder zu reissen
die im Leid Gefangenen zu befreien
den im Dunkeln Stehenden das Licht wieder zu geben:
die Gemeinschaft mit Ihm und allen Lebenden!
GLORIA
Ehre sei Gott in der Höhe
und auf Erden Frieden,
den Menschen ein Wohlgefallen.
Alles in Rottönen
der Fülle des Lebens
der Gemeinschaft mit Gott
erfüllt vom Heiligen Geist
Flügel stehen für die Verkünder dieser Botschaft
für den aufsteigendes Lobpreis
stehen gelbe Farbtupfer
von lichtem Glauben erfüllter Menschen
die in ihren Zelten
in ihren temporären Wohnstätten
auf den Ewigen ausgerichtet sind
Diesen freien und befreiten Formen
stehen ganz links ein Rechteck
ganz rechts ein senkrechter Balken
gegenüber:
Mit dem Kopf oder Verstand ist Gottes Liebe
nicht zu begreifen;
sie ist so endlos wie der Balken rechts;
nur partiell wahrnehmbar.
CREDO
Ich glaube an Gott,
den Vater, den Allmächtigen
seinen Sohn, Jesus Christus
und den Heiligen Geist
Warme gelb-grüne Farben prägen das Bild
Schöpfung wird spürbar
Wachstum
hervorgehend aus Erde, Wasser, Licht und Wärme
Ich glaube
dass dahinter ein Schöpfer steht
mit einem unendlich großen Herz
und sein genialer Geist drin atmet
Das schwebende Element
Zeichen seiner Gegenwart
über dem Quadrat
als Symbol für die begrenzte Erde
Der Stab
Zeichen seiner aufmerksamen Fürsorge
inmitten
unseres menschlichen Irrungen
Die drei Samen
Zeichen seiner schöpferischen Kraft
die aus der Tiefe
heraus Erde und Mensch verändert
Die Spiralform
Zeichen der sich entfaltenden Natur
über Punkten der Blindenschrift:
“Selig, die nicht sehen
und doch glauben.”
SANCTUS
Heilig, heilig, heilig
ist Gott.
Gelobt sei
der da kommt im Namen des Herrn.
Alle Formate
sprengend
unermesslich
groß
und
erhaben
eben heilig
Die Sonne ist Dein Symbol
Ursprung des Lebens
Unendliche Wärme
Ewiger
Du gibst ohne Ende
bewegst
belebst
Unser Licht
Unsere Freude
Unser Heil
BENEDICTUS
Hochgelobt sei der da kommt
im Namen des Herrn.
Von Oben kommt er
in den Farben des Lebens und der Liebe
als Halt gebende, tragende, behütende Hand
weit in unsere Welt hineinragend
Alles Leid in sich bergend
einem Kelch gleich
gefüllt mit Wein
der Frucht des Weinstocks
und der menschlichen Mühe
Zeichen der aufopfernden Hingabe Gottes
für uns Menschen
Die brennende Kerze
Ehrung und Gedenken
dessen
der selbst das Licht der Welt ist
sich verzehrt
wie das Wachs der Kerze
durch die Flamme
AGNUS DEI
Christe, Du Lamm Gottes
der du trägst die Sünd der Welt,
erbarm dich unser,
gib uns deinen Frieden.
Leid ist zu spüren
durch Dornenkronen ähnliche Striche
herunterrinnende Farbe
die violette Farbe
die dunkle Nacht
Die weiße Form
ein Kreuz?
oder der fahle Körper des Gekreuzigten?
oder gar ein Leichenhemd?
Die Dornenkrone scheint heruntergefallen
hängt mehr wie eine Kette auf der Brust
wie ein Siegeskranz des Getreuen
der vertraut
dass Gott ihn auch im Tod nicht verlässt
dass sein Leiden und Tod nicht sinnlos sind
dass sein Leidensweg zum Licht
und zur Erlösung führen wird
Sind die Farben rechts oben nicht heller?
Die Brustwunde wie zugenäht?
Beginnt das verklärte Leiden zu leuchten?
Herr, schenk uns deinen Frieden!
DONA NOBIS PACEM I
Gib uns deinen Frieden
Alles in Blau
Symbol für das Wasser
und die Treue
und Unendlichkeit Gottes
Kraftvoll senkt er sich
von ganz oben
nach ganz unten
in der Taufe
in unser Leben ein
Ihm Potential gebend sich zu verwandeln
wie eine Raupe zu einem Schmetterling
dessen Flüge angedeutet
Leichtigkeit versprechen
Werte, die ungebunden von materieller Schwere sind
Weil Gott etwas von sich selbst in uns gelegt hat
Dreifaltiger Lichtfunken
kommende Herrlichkeit verheissend
führt nicht eine Treppe ins Licht?
DONA NOBIS PACEM II
Gib uns deinen Frieden
Ein großer Flügel über blauem Grund
die Höhe und der Wind sind zu spüren
die Größe des Fliegenden
Der weiße Flügel erinnert an weiße Tauben
an Friedenstauben
Er fliegt nicht weg
kommt auf uns zu
hinein in unser Leben
erfüllt vom Geist des Friedens
dem Heiligen Geist
Wenn wir aus seiner Fülle heraus handeln
werden seine Flügel zu unseren Flügeln
werden wir zu Engeln für unsere Mitmenschen
zu einem Segen für die ganze Schöpfung
wie es das fruchtbare Grün schon andeutet